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Hoffnung für den Grönländischen Eisschild

Geschrieben von Dr. Frank Frick am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Der Grönländische Eisschild ist rund 1,7 Millionen Quadratkilometer gross. Schmilzt er komplett ab, so wird der globale Meeresspiegel nach den gängigen Modellrechnungen um rund sieben Meter steigen. Eine neue Studie lässt nun hoffen, dass der Eisschild widerstandsfähiger gegen den Klimawandel ist als bisher angenommen. Sie stammt von einem europäischen Forschungsteam und wurde in Nature, einem der führenden Wissenschaftsmagazine, veröffentlicht. Demnach reagiert der Eisschild so langsam auf die vom Menschen verursachte Erwärmung, dass das unwiderrufliche Schmelzen noch verhindert werden kann.

Groenlaendisches InlandeisTrekker auf dem grönländischen Inlandeis. (Bild: Uwe Brodrecht / Flickr CC BY-SA 2.0 Deed)

Selbst wenn die globale Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 auf bis zu 6,5 Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau steigen würde, könnte eine anschliessende Abkühlung innerhalb weniger Jahrhunderte verhindern, dass der Eisschild vollständig zusammenbricht. Diese Abkühlung könnte durch den Entzug von CO2 aus der Atmosphäre erreicht werden, etwa durch Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und Kohlenstoffspeicherung oder durch grossflächige Wiederaufforstung.

„Unsere Studie verdeutlicht, dass wir selbst dann noch eine Chance zum Handeln haben, wenn es uns nicht gelingt, in den kommenden Jahrzehnten unter 1,5 bis 2 Grad globaler Erwärmung zu bleiben und wir die kritische Temperaturschwelle des grönländischen Eisschildes vorübergehend überschreiten“, sagt der Hauptautor der Studie Nils Bochow von der UiT, Norwegens Arktischer Universität, und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Das bedeute aber nicht, so die Forschenden, dass die Menschheit ihre Bemühungen vernachlässigen sollte, den Klimawandel zu begrenzen. Aus mehreren Gründen:
• Die Studie bestätigt frühere Berechnungen, wonach die globale Erwärmung langfristig gesehen unter 1,7 Grad Celsius liegen muss, um ein vollständiges Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes zu vermeiden. „Je höher die Temperatur steigt, desto schwieriger wird es sein, sie langfristig auf ein sicheres Niveau zu senken“, sagt Mitautor Niklas Boers, Wissenschaftler des PIK und der Technischen Universität München.
• Auch eine nur vorübergehende Überschreitung der kritischen Temperaturschwelle kann laut den Berechnungen des europäischen Forschungsteams zu einem Meeresspiegelanstieg von mehr als einem Meter führen.
• Andere Elemente des Klimasystems wie Meeresströmungen, Wind, Niederschläge und Regenwälder reagieren schneller auf den Klimawandel als ein Eisschild. Möglicherweise kommt es dabei zu plötzlichen und unwiderruflichen Veränderungen. Dieses Kippen des Systems würde sich dann wiederum auch auf den Grönländischen Eisschild auswirken.

EisschildDer Grönländische Eisschild. Zwischen 2002 und 2022 hat er bereits 4.700 Kubikkilometer Schmelzwasser verloren. Damit liesse sich die gesamte Fläche der USA einen halben Meter unter Wasser setzen. (Bild: Uwe Dedering, CC BY-SA 3.0 DEED)